Bundesland | Hessen |
Höhe | 101 m |
PLZ | 64319 |
Vorwahl | 06157 |
Gliederung | 3 Stadtteile inklusive Kernstadt |
Adresse der Verwaltung | Kirchstraße 12–14 64319 Pfungstadt |
Website | www.pfungstadt.de |
Bürgermeister | Patrick Koch (SPD) |
Pfungstadt liegt etwa zehn Kilometer südwestlich von Darmstadt an der Modau im Hessischen Ried, ungefähr auf halbem Weg zwischen Frankfurt am Main und Mannheim. Nördlich der Stadt liegt der Westwald, die östliche Gemarkung Richtung Seeheim ist ebenfalls bewaldet, während die übrige Fläche intensiv landwirtschaftlich genutzt wird. Südlich von Pfungstadt liegen das Pfungstädter Moor und der Erlensee, östlich die Pfungstädter Düne.
Pfungstadt grenzt im Nordwesten an die Stadt Griesheim, im Norden und Osten an die kreisfreie Stadt Darmstadt, im Südosten an die Gemeinde Seeheim-Jugenheim, im Süden an die Gemeinde Bickenbach, im Südwesten an die Stadt Gernsheim sowie im Westen an die Stadt Riedstadt (beide Kreis Groß-Gerau).
Zur Stadt gehören neben der Kernstadt noch die Stadtteile Hahn und Eschollbrücken mit seinem Ortsteil Eich.
Pfungstadt wurde am 18. Mai 785 erstmals im Lorscher Codex urkundlich erwähnt. Danach hat Graf Werinher dem Kloster Lorsch seinen Besitz vermacht. Zeugen waren sein Sohn Nanther und der Lobdengaugraf Warin. Für die Zeit zwischen 785 und 837 sind sechs Schenkungen im Kopialbuch des Klosters Lorsch belegt. Mit dem Niedergang des Klosters Lorsch im 13. Jahrhundert kam das Dorf in den Besitz der Grafschaft Katzenelnbogen. Südwestlich der Stadt liegen die Hügelreste der Burg Wellberg. Im Jahre 1442 wurde die Zent Pfungstadt eingerichtet. Durch die Ansiedlung zahlreicher Mühlen entlang der Modau kam es zu erstem wirtschaftlichem Aufschwung. Die Grafschaft Katzenelnbogen und mit ihr der Zentort kam dann 1479 durch Heirat der Erbtochter als Erbe zur Landgrafschaft Hessen. Verwaltungsmäßig war Pfungstadt in Hessen zeitweise ein eigenes Amt bzw. gehörte zu den Ämtern Darmstadt oder Seeheim. 1821 wurde es in den Landratsbezirk Bensheim der Provinz Starkenburg im Großherzogtum Hessen eingegliedert. Heute gehört es zum Landkreis Darmstadt-Dieburg.
Das Rathaus von Pfungstadt wurde 1614 gebaut und 1618 fertiggestellt. Während des Dreißigjährigen Krieges wurden große Teile der Ortschaft in Schutt und Asche gelegt. Im „Mansfelder Schadensverzeichnis“, das im Stadtarchiv Darmstadt aufbewahrt wird, wird von Plünderungen und Brandschatzungen berichtet. Mit der Gründung einer Krappfabrik im 18. Jahrhundert begann die Industrialisierung Pfungstadts, die ab 1845 durch die Ultramarinfabrik von Wilhelm Büchner und die Pfungstädter Brauerei von Justus Hildebrand, daneben Zündholz-, Zigarren- und Ziegelsteinproduktion geprägt war.
Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1829 über Pfungstadt:
Durch Büchners Aktivitäten im Hessen-Darmstädtischen Landtag wurde Pfungstadt mit einer „Secundärbahn“, der Pfungstadtbahn, an die Rhein-Neckar-Bahn angeschlossen und am 20. Dezember 1886 zur Stadt erhoben. Pfungstadt war aufgrund des armen Sandbodens nie sonderlich bäuerlich geprägt, sondern im Wesen eine Stadt der Handwerker und Arbeiter.
Zwischen 1901 und 1908 errichtete Pfungstadt ein hochmodernes Wasser- und Elektrizitätswerk, dessen Abwärme bereits 1908 über einen mehrere hundert Meter langen Kanal die benachbarte Goetheschule, deren Sporthalle und das neu errichtete Hallenbad, eines der ersten öffentlichen Hallenbäder Hessens, beheizte.
Unmittelbar nach der Besetzung durch amerikanische Truppen im März 1945 begann in Pfungstadt die Produktion der amerikanischen Soldatenzeitung „Stars and Stripes“. Pfungstadts Einwohnerzahl wuchs sehr stark durch den Zuzug von Vertriebenen aus den ehemals deutschen Gebieten im Osten. Es entstanden große Siedlungsgebiete, und auch der Katholizismus spielte danach erstmals eine nennenswerte Rolle. Mit der Währungsreform von 1948 begann ein Aufschwung. Es siedelten sich namhafte Industriebetriebe an oder wurden gegründet, auch der Wohnungsbau wurde gefördert.
Im Zuge der Gebietsreform in Hessen wurden die bis dahin selbstständigen Gemeinden Hahn und Eschollbrücken nach Pfungstadt eingegliedert. Die Eingliederung der Gemeinde Hahn erfolgte am 1. Juli 1972 freiwillig. Eschollbrücken mit dem bereits am 31. Dezember 1971 nach Eschollbrücken eingemeindeten Ortsteil Eich wurde am 1. Januar 1977 kraft Landesgesetz eingegliedert. Durch diese Erweiterung stieg die Bevölkerung von 16.500 auf 22.700 Einwohner an. Für die Stadtteile Eschollbrücken und Hahn wurden Ortsbezirke mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher gebildet.
Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten, denen Pfungstadt angehört(e):
Pfungstadt war Sitz einer Zent. In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für das Fürstentum Starkenburg (ab 1815 Provinz Starkenburg) wurde das „Hofgericht Darmstadt“ eingerichtet. Es war für normale bürgerliche Streitsachen Gericht der zweiten Instanz, für standesherrliche Familienrechtssachen und Kriminalfälle die erste Instanz. Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch weiter durch die Ämter, hier das Amt Pfungstadt ausgeübt. Die Zentgerichte hatten damit ihre Funktion verloren.
Mit Bildung der Landgerichte im Großherzogtum Hessen war ab 1821 das Landgericht Zwingenberg das Gericht erster Instanz. Die zweite Instanz war weiter das Hofgericht Darmstadt. In der erstinstanzlichen Rechtsprechung wechselte die Zuständigkeit:
In der Zeit um 1820 hatte die Gemeinde 122 Mitglieder (4,3 % der Gesamtbevölkerung Pfungstadts), bis zur Reichsgründung waren es 260. Damals gab es in Pfungstadt eine jüdische Schule, an der Chaim Weizmann um 1893 unterrichtete. Durch Abwanderung und Auswanderung nahm die Anzahl der Gemeindemitglieder bis 1933 auf 73 ab. Während der Reichspogromnacht wütete der braune Mob auch in Pfungstadt. Die Synagoge entging allein dadurch der Niederbrennung, weil ein benachbarter Bauer zwar nicht um seine jüdischen Nachbarn, wohl aber um seine wohlgefüllte Kornscheune direkt neben der Synagoge besorgt war. Der Vorbeter der jüdischen Gemeinde wurde in dieser Nacht aus dem Fenster der Synagoge geworfen, die jüdischen Pfungstädter wurden unmittelbar danach nach dem Ghetto Theresienstadt verbracht. 1942 wurde der letzte deportierte Pfungstädter Jude ermordet.
Die Herkunft des Ortsnamens ist nicht eindeutig belegt. Lange wurde sie auf den vermuteten Namen eines frühen Siedlers (Phungo?) zurückgeführt. Andere führen den Namen auf das althochdeutsche pfung für Beutel oder Geldbeutel zurück. Danach bestünde ein Zusammenhang mit der Ansiedlung eines Kaufmanns.
Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Pfungstadt 23.829 Einwohner. Unter den Einwohnern waren 2577 (10,8 %) Ausländer, von denen 1142 aus dem EU-Ausland, 1027 aus anderen europäischen Ländern und 409 aus anderen Staaten kamen. Von den deutschen Einwohnern hatten 20,2 % einen Migrationshintergrund. (Bis zum Jahr 2020 erhöhte sich die Ausländerquote auf 16,2 %.) Nach dem Lebensalter waren 4101 Einwohner unter 18 Jahren, 10.047 zwischen 18 und 49, 5031 zwischen 50 und 64 und 4650 Einwohner waren älter. Die Einwohner lebten in 10.623 Haushalten. Davon waren 3477 Singlehaushalte, 3012 Paare ohne Kinder und 2916 Paare mit Kindern, sowie 879 Alleinerziehende und 342 Wohngemeinschaften. In 2223 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 7299 Haushaltungen leben keine Senioren.
Quelle: Historisches Ortslexikon | |
• 1629: | 202 Hausgesesse |
• 1695: | 44 Mann |
• 1806: | 2029 Einwohner, 283 Häuser |
• 1829: | 2799 Einwohner, 359 Häuser |
• 1867: | 4732 Einwohner, 555 Häuser |
• 1829: | 2688 lutheranische (= 95,32 %), 4 reformierte (= 0,14 %), 122 jüdische (= 4,26 %) und 5 katholische (= 0,18 %) Einwohner |
• 1961: | 9442 evangelische (= 72,27 %), 3083 römisch-katholische (= 23,60 %) Einwohner |
• 2000: | 8839 evangelische (= 45,39 %), 4820 römisch-katholische (= 24,75 %) Einwohner |
• 1987: | 13.201 evangelische (= 57,2 %), 5725 katholische (= 24,8 %), 4158 sonstige (= 18,0 %) Einwohner |
• 2011: | 9830 evangelische (= 41,5 %), 5500 katholische (= 23,2 %), 230 freikirchliche (= 1,0 %), 220 orthodoxe (= 0,9 %), 710 andersgläubig (= 3,0 %), 7200 |
Die Gemeinde im Vergleich mit Landkreis, Regierungsbezirk Darmstadt und Hessen:
Jahr | Gemeinde | Landkreis | Regierungsbezirk | Hessen | |
---|---|---|---|---|---|
Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte | 2017 | 5.309 | 74.525 | 1.695.567 | 2.524.156 |
Veränderung zu | 2000 | −16,5 % | +21,1 % | +16,1 % | +16,0 % |
davon Vollzeit | 2017 | 71,3 % | 68,3 % | 72,8 % | 71,8 % |
davon Teilzeit | 2017 | 28,7 % | 31,7 % | 27,2 % | 28,2 % |
Ausschließlich geringfügig entlohnte Beschäftigte | 2017 | 1.178 | 15.305 | 224.267 | 372.991 |
Veränderung zu | 2000 | −3,1 % | +14,4 % | +9,0 % | +8,8 % |
Branche | Jahr | Gemeinde | Landkreis | Regierungsbezirk | Hessen |
---|---|---|---|---|---|
Produzierendes Gewerbe | 2000 | 48,3 % | 41,1 % | 27,0 % | 30,6 % |
2017 | 32,4 % | 31,3 % | 20,4 % | 24,3 % | |
Handel, Gastgewerbe und Verkehr | 2000 | 26,6 % | 26,1 % | 26,4 % | 25,1 % |
2017 | 27,8 % | 26,8 % | 24,7 % | 23,8 % | |
Unternehmensdienstleistungen | 2000 | 5,5 % | 11,6 % | 25,1 % | 20,2 % |
2017 | 9,4 % | 17,1 % | 31,6 % | 26,1 % | |
Sonstige Dienstleistungen | 2000 | 19,2 % | 18,8 % | 20,1 % | 22,5 % |
2017 | 29,5 % | 23,6 % | 23,0 % | 25,4 % | |
Sonstiges (bzw. ohne Zuordnung) | 2000 | 0,4 % | 2,4 % | 1,4 % | 1,5 % |
2017 | 0,8 % | 0,9 % | 0,3 % | 0,4 % |
Die Kommunalwahl am 14. März 2021 lieferte folgendes Ergebnis, in Vergleich gesetzt zu früheren Kommunalwahlen:
Parteien und Wählergemeinschaften | % 2021 |
Sitze 2021 |
% 2016 |
Sitze 2016 |
% 2011 |
Sitze 2011 |
% 2006 |
Sitze 2006 |
% 2001 |
Sitze 2001 |
||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
SPD | Sozialdemokratische Partei Deutschlands | 32,5 | 12 | 29,1 | 11 | 44,8 | 16 | 45,4 | 17 | 49,9 | 18 | |
UBP | Unabhängige Bürger Pfungstadt | 18,8 | 7 | 25,2 | 9 | 6,0 | 2 | — | — | — | — | |
CDU | Christlich Demokratische Union Deutschlands | 17,6 | 6 | 20,0 | 7 | 23,6 | 9 | 31,9 | 12 | 28,7 | 11 | |
GRÜNE | Bündnis 90/Die Grünen | 12,7 | 5 | 12,6 | 5 | 15,9 | 6 | 8,4 | 3 | 8,0 | 3 | |
FW | Freie Wähler | 7,4 | 3 | 8,0 | 3 | 7,1 | 3 | 9,8 | 3 | 9,1 | 3 | |
FDP | Freie Demokratische Partei | 5,6 | 2 | 5,0 | 2 | 2,6 | 1 | 4,5 | 2 | 4,4 | 2 | |
FGL | Freie Grüne Liste | 5,3 | 2 | — | — | — | — | — | — | — | — | |
gesamt | 100,0 | 37 | 100,0 | 37 | 100,0 | 37 | 100,0 | 37 | 100,0 | 37 | ||
Wahlbeteiligung in % | 48,5 | 46,3 | 46,3 | 45,6 | 49,8 |
Nach der hessischen Kommunalverfassung wird der Bürgermeister für eine sechsjährige Amtszeit gewählt, seit dem Jahr 1993 in einer Direktwahl, und ist Vorsitzender des Magistrats, dem in der Stadt Pfungstadt neben dem Bürgermeister ehrenamtlich ein Erster Stadtrat und sieben weitere Stadträte angehören. Bürgermeister ist seit dem 1. Januar 2014 Patrick Koch (SPD). Er wurde als Nachfolger von Horst Baier (SPD), der nach vier Amtszeiten nicht mehr kandidiert hatte und in den Ruhestand ging, am 18. August 2013 im ersten Wahlgang bei 47,4 Prozent Wahlbeteiligung mit 57,7 Prozent der Stimmen gewählt. Es folgte eine Wiederwahl im Mai 2019.
;Amtszeiten der Bürgermeister
Vor dem Zweiten Weltkrieg hatte die Stadt folgende Bürgermeister:
Folgende Ortsbezirke mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung gibt es im Gemeindegebiet:
Die Stadtflagge wurde zusammen mit dem Wappen genehmigt und wird wie folgt beschrieben: „Auf der weißen Mittelbahn des blau-weiß-blauen Flaggentuches das Wappen der Stadt Pfungstadt.“
Pfungstadt ist verschwistert mit den folgenden Partnerstädten.
Der im 14. Jahrhundert erbaute Galgen galt im Mittelalter als Hinrichtungsort des 1442 erstmals schriftlich erwähnten Zentgerichts Pfungstadt. Die zunächst hölzerne Konstruktion wurde 1603 durch drei gemauerte und verputzte Säulen ersetzt. Auf den Säulen wurden durch Seile verbundene Holzbohlen angebracht, an welchen die Stricke befestigt waren.
Die gemauerten Säulen des Galgens sind an der Ortsgrenze von Pfungstadt nach Darmstadt-Eberstadt erhalten geblieben. Rundherum breitete sich das Industriegebiet Pfungstadts immer weiter aus. Das Denkmal liegt auf einem kleinen Hügel und kann jederzeit besichtigt werden. Freiwillige Helfer reinigen regelmäßig das Gelände um das Denkmal zu bewahren.
Das Alte Rathaus, ein barocker Bau von 1614, der direkt über der Modau errichtet wurde. Es wird heute für Stadtverordnetenversammlungen genutzt (1. Stock). Im Erdgeschoss befindet sich die „Säulenhalle“, die sporadisch für kulturelle Zwecke genutzt wird.
Die Villa Büchner, erbaut als Wohnhaus des Industriellen und Politikers Wilhelm Büchner (1816–1892), dem Inhaber der Pfungstädter „Blaufabrik“, 1864 erbaut nach Plänen des Darmstädter Architekten Carl Balthasar Harres. Es handelt sich um ein außerordentliches Bauwerk des Historismus. Raumschnitt, Fenster, Stuckaturen und Wandbemalungen sind erhalten. Von 2006 bis 2009 erfolgte die Renovierung durch die Stadt Pfungstadt. Das Gebäude konnte mit erheblichem kommunalen Aufwand vollständig in den Ausstattungszustand der Bauzeit versetzt werden. Die Beletage dient gelegentlicher bürgerschaftlicher Nutzung für öffentliche und private Veranstaltungen, daneben steht sie auch als weitere Filiale des Standesamtes für Eheschließungen zur Verfügung. Im Obergeschoss ist eine Anwaltskanzlei untergebracht.
Das ehemalige Pfarrhaus, ältestes erhaltenes Steinhaus aus dem 16. Jahrhundert, fällt durch seinen Treppengiebel auf.
Das ehemalige Elektrizitäts- und Wasserwerk in der Brunnenstraße wurde 1901 erbaut und versorgte – mit damals neuartiger Fernheizung – die 250 Meter entfernten Goetheschule (erbaut 1907/1908 von Georg Scherer, eingeweiht 1908) mit Turnhalle und Schwimmbad (eines der ersten öffentlichen Hallenbäder in Hessen).Heute steht das ehemalige E-Werk dank bürgerschaftlichem Engagement unter Denkmalschutz. Im sanierten Haupthaus sind Kulturamt und Stadtentwicklungsgesellschaft untergebracht, die Betriebshalle wird gelegentlich für Flohmärkte und kleine kulturelle Veranstaltungen genutzt.
Das Gebäude der ehemaligen Synagoge in der Hillgasse 8 wurde zwischen 1815 und 1820 errichtet. Auf der restaurierten Decke strahlen goldene Sterne in leuchtendem Blau gemalt mit Wilhelm Büchners Ultramarin. Die Synagoge wurde in der Pogromnacht am 9. November 1938 geplündert und geschändet, die Inneneinrichtung zerstört. Wegen der Nähe anderer Gebäude wurde sie allerdings nicht abgebrannt.
1939 übernahm die Landwirtschaftliche Genossenschaft im Zeichen von „Arisierungen“ das Anwesen für 6000 Reichsmark und nutzte die Synagoge als Fruchtspeicher. Später wurden Geräte und Fahrzeuge untergestellt und ein Scheunentor in eine Seitenwand gebrochen. Weitere Nutzungen waren Wohn- und Lagerhaus und, nach Einbau von Zwischendecken und Wänden, bis 1993 die Nutzung durch fünf Gastarbeiterfamilien.
Erst nach dem Erwerb des Anwesens durch die Stadt Pfungstadt 1990, wurde mit Kosten von ca. 1, 2 Mio. Euro das Gebäude entkernt, instand gesetzt, die Frauenempore wiederhergestellt und das Gebäude renoviert. Dabei wurden Schäden aus der Zeit nach 1938 nicht vertuscht. Seit 2001 ist die ehemalige Synagoge als Kulturhaus ehemalige Synagoge der Öffentlichkeit zugänglich, seit 2011 dient sie als Ort für Ausstellungen, Konzerte und Lesungen.
Die evangelische Kirche Pfungstadt wurde in der Zeit von 1746 bis 1748 nach einem Plan des Pfarrers Johann Conrad Lichtenberg über den Fundamenten mehrerer Vorgängerkirchen neu erbaut. Der mittelalterliche Turm wurde umgestaltet und 1752 vollendet. Eine Inschrift findet sich über der Eingangstür.
In der Zeit von 1890 bis 1897 wurde der barocke Innenraum vollständig verändert und von dem Geschmack des 19. Jahrhunderts geprägt. Dunkel gestrichene Hölzer zogen in die Kirche ein. Auch wurden mit kräftigen Farben und Schablonen der helle Kalkanstrich übermalt. Auch der Fußboden wurde den neuen Farben angepasst.
Aus der Barockzeit erhalten ist nur der hölzerne Engel, der ursprünglich als Kanzelfuß diente. Er wurde im Jahr 2008 restauriert. Die Orgel wurde 1825 durch Johann Hartmann Bernhard erbaut. Sie hat 26 Register und zwei Manuale.
Für ein paar Dutzend Familien wurde 1912 die Pfarrkirche gebaut, mit etwa 200 Sitzplätzen umfasste sie die gesamte Gemeinde. Die St.-Antonius-Kirche wurde von Eberstadt aus betreut, die dortige St. Joseph Gemeinde ist die Mutterpfarrei.
Durch die Naziherrschaft wuchs die Mitgliederzahl nach dem Zweiten Weltkrieg, durch Heimatvertriebene, von wenigen hundert auf schlagartig über 3000. Durch Zuzug vieler neuer Familien in den 1990er Jahren stieg die Mitgliederzahl immer höher, 2011 waren es 5215 Gemeindemitglieder.
Vor dem Dreißigjährigen Krieg (1618–1648) erlebte Pfungstadt eine wirtschaftliche Blüte, die in der Landwirtschaft verbunden mit den zahlreichen Mühlen (14 im Jahre 1630) entlang der Modau begründet war.Weiter unten am Bachlauf der Modau, in Richtung der Mündung, war das Gefälle zu gering für Mühlen.Auch in der Pfungstädter Gemarkung ließ das nur noch mäßige Gefälle der Modau ausschließlich sogenannte unterschlächtige Mühlräder zu. Im Jahr 785 sind drei Mühlen urkundlich nachgewiesen.Die Wasserfallhöhe einer jeden Mühle, so wurde 1461 verfügt, musste drei „Werkschuh“, das entspricht 90 cm, betragen. Dadurch war die Anzahl der Mühlen begrenzt. Die Grafen von Katzenelnbogen, die im 14. Jahrhundert die Herrschaft über Pfungstadt innehatten, legten im sogenannten Mühlenbann genau fest, welche Mühle für welche Ortschaft zuständig war, denn die Müller mussten einen entsprechenden Mühlenzins abführen. Die Müller behielten ihrerseits 1/16 des gemahlenen Getreides (den sogenannten Molter) als Lohn ein. Seit Ende des 17. Jahrhunderts wurden einzelne Mühlen zur Krapp- später zur Ultramarinproduktion eingesetzt.
Die Neumühle stellte 1990 als letzte der Pfungstädter Mühlen ihren Betrieb ein.Eine Reihe von Mühlen sind bis heute erhalten. Eine Tafel und ein historischer Mühlstein an der Kirchmühle, Kirchgasse, erklären die Geschichte der Pfungstädter Mühlen.
Im Gebiet von Pfungstadt liegen Teile der Naturschutzgebiete „Pfungstädter Moor“ und „Kalksandkiefernwald bei Bickenbach, Pfungstadt und Seeheim-Jugenheim“.
Das FFH-Gebiet „Weißer Berg bei Darmstadt und Pfungstadt“ schützt Steppenrasen, Sandrasen und Kiefernwälder. Das flächenhafte Naturdenkmal und FFH-Gebiet „Pfungstädter Düne“ liegt teils in Pfungstädter Gebiet, teils in der Gemarkung Darmstadt-Eberstadt.
Pfungstädter Düne
Entstehung und Lage: Die Pfungstädter Düne entstand vor knapp 12.000 Jahren am Ende der letzten Kaltzeit durch das Aufwehen des Flugsandes von Rhein, Main und Neckar. Sie gehört zu einem Gürtel von Flugsanddünen, der von Rastatt bis Mainz reicht. Weitere Binnendünen in der Region sind u. a. der Weiße Berg (im Wald hinter dem Pfungstädter Wasserwerk), die Ulvenbergdüne, Lerchenberg und Kernesbellen und der Brömster in Eberstadt sowie die Griesheimer Düne.
Die Pfungstädter Düne liegt zwischen der Modau und der Pfungstadtbahn. Man erreicht sie über Feld- oder Waldwege.
Flora und Fauna: Die Pfungstädter Düne ist durch ihre Trockenheit gekennzeichnet und gehört zu den wärmsten Klimabereichen Deutschlands.Sie ist Lebensraum vieler seltener Pflanzen- und Tierarten, darunter das Blaugrüne Schillergras und die Sand-Silberscharte.Aufgrund seiner bedrohten Bewohner sind 5,5 ha der Düne als Natura-2000-Gebiet besonders geschützt.
Naturdenkmale
Als Naturdenkmale geschützt sind außerdem eine circa 100 Jahre alte Süntelbuche sowie eine sehr alte Ulme (im Volksmund „die Reest“ = Rüster) sowie im Ortsteil Hahn die Schillereiche.
2021 bewarb sich die Stadt als Host Town für die Gestaltung eines viertägigen Programms für eine internationale Delegation der Special Olympics World Summer Games 2023 in Berlin. 2022 wurde sie als Gastgeberin für Special Olympics Namibia ausgewählt. Damit wurde sie Teil des größten kommunalen Inklusionsprojekts in der Geschichte der Bundesrepublik mit mehr als 200 Host Towns.
In Pfungstadt gibt es zahlreiche Vereine mit unterschiedlichen Freizeit- und Sportangeboten.
Das Naturschutzgebiet Pfungstädter Moor kann zum Spazierengehen genutzt werden.
Das Gemeindegebiet umfasst eine Gesamtfläche von 4253 Hektar, davon entfallen in ha auf:
Nutzungsart | 2011 | 2015 | |
---|---|---|---|
Gebäude- und Freifläche | 483 | 491 | |
davon | Wohnen | 296 | 297 |
Gewerbe | 50 | 58 | |
Betriebsfläche | 65 | 64 | |
davon | Abbauland | 0 | 0 |
Erholungsfläche | 36 | 36 | |
davon | Grünanlage | 13 | 14 |
Verkehrsfläche | 356 | 356 | |
Landwirtschaftsfläche | 1969 | 1961 | |
davon | Moor | 0 | 0 |
Heide | 0 | 0 | |
Waldfläche | 1252 | 1252 | |
Wasserfläche | 83 | 83 | |
Sonstige Nutzung | 8 | 8 |
In Pfungstadt gibt es fünf Grundschulen (Erich Kästner-Schule, Wilhelm-Leuschner-Schule, Goetheschule, Gutenbergschule (Eschollbrücken), Hahner Schule), eine Förderschule (Schillerschule), eine weiterführende Schule (Friedrich-Ebert-Schule).
Von 1997 bis 2019 befand sich die private Fachhochschule für das Fernstudium (Wilhelm Büchner Hochschule) in Pfungstadt.
Die Friedrich-Ebert-Schule Pfungstadt ist eine kooperative Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe und zählt ca. 1250 Schülerinnen und Schüler, sowie ca. 100 Lehrkräfte (Stand: Oktober 2017). Sie befindet sich in der Ringstraße 51–61, im Nordwesten Pfungstadts.
Gegründet wurde die Friedrich-Ebert-Schule 1954. Bis 1980 war sie eine traditionelle Haupt- und Realschule und wurde dann um die Förderstufe ergänzt, die sich zunächst in der Goethe- und Lessingschule in der Innenstadt befand. 1982 wurde die Schule in eine kooperative Gesamtschule umgewandelt mit einem gymnasialen Zweig für die Mittelstufe. Durch bauliche Erweiterungen wurde die Förderstufe 1990 in die Ringstraße verlegt, die Räumlichkeiten der Lessingschule ab 1996 durch die neu gegründete gymnasiale Oberstufe genutzt. Ab dem 1. August 2011 gibt es für alle neu Eingeschulten nur noch zwei Schulzweige: den Gymnasialzweig und, aufbauend auf der Förderstufe, den Verbundzweig. Im Verbund bleiben die Schüler von Klasse 5 bis Klasse 9 im Klassenverband zusammen und werden von einem festen Team von Lehrkräften bis zu ihrem Schulabschluss begleitet. Eine Differenzierung wird durch das Kurssystem auf verschiedenen Leistungsniveaus möglich.
Das Konzept der Sozialwirksamen Schule, entwickelt vom Münchner Schulpsychologen Hopf, soll die Lernkultur der Schule nachhaltig verbessern und wurde 2007 an der Friedrich-Ebert-Schule eingeführt. Die fünf Ziele des Konzepts sind die Verbesserung der Wahrnehmung der schulischen Erziehungsaufgabe, die Entwicklung des Sozialklimas und der Lernkultur, die Vermittlung sozialer Kompetenzen an Schüler, die Stärkung ihrer Persönlichkeit und die Verminderung von Aggressivität und Gewalttätigkeit in der Schule.
Pfungstadt liegt zwischen den Autobahnen A 5 und A 67. Außerdem führte die B 426 bis Oktober 2004 noch durch die Ortschaft. Nach über 40 Jahren Planung wurde im Jahr 2000 mit dem Bau der Umgehungsstraße begonnen, welche am 8. Oktober 2004 dem Verkehr übergeben wurde. Die „alte“ Bundesstraße durch den Ort wurde mittlerweile an einigen Stellen zurückgebaut.
Am 10. Dezember 2011 wurde die Pfungstadtbahn wieder in Betrieb genommen. Stündlich wird der Darmstädter Hauptbahnhof in zwölf Minuten erreicht. Etwa jeder zweite Zug fährt weiter über die Odenwaldbahn nach Erbach bzw. Eberbach. An Samstagen, Sonn- und Feiertagen fährt die Pfungstadtbahn nur bis Darmstadt Hbf. Betreiber ist die Vias.
Auch ist Pfungstadt durch die Buslinien P, PE und PG bedient, welche Pfungstadt mit dem Straßenbahn- und Busnetz in Darmstadt-Eberstadt verbinden.Der PE fährt von der Wartehalle in Eberstadt über den Pfungstädter Bahnhof, den Norden Pfungstadts und Hahn nach Eschollbrücken, bedient also den Norden der Stadt. Die Linie P fährt von Eberstadt über den Bahnhof und den Süden Pfungstadts wieder zum Bahnhof, bedient also den Süden der Stadt. Die Linie PG, verbindet Pfungstadt montags bis freitags mit Eberstadt, dem Stadtteil Hahn, dem Bruchackerhof des Ortes Crumstadt (Stadt Riedstadt), dem Bahnhof Biebesheims mit der Gemeinde Gernsheim.
Anmerkungen
Einzelnachweise
Dieser Artikel wurde aus der deutschsprachigen Wikipedia entnommen. Den Originalartikel finden Sie unter http://de.wikipedia.org/wiki/Pfungstadt
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